
Symbolbild: Pfalz-Express
Landau/SÜW – Der Fall hatte die Gemüter aufgewühlt: Vier Politiker der Partei Die Linke hatten am 6. Juni in Landau eine Morddrohung erhalten.
Der Landauer Linke-Stadtrat Bastian Stock hatte damals mitgeteilt, dass beim Schatzmeister des Kreisverbands Landau/Südliche Weinstraße, Daniel Emmerich, ein Brief mit Gewehr-Patronen eingeworfen worden war. In dem Umschlag befanden sich vier Patronen des Kalibers .22, ein Schreiben mit seinem Namen und die Namen drei weiterer Funktionsträger der Partei DIE LINKE, unter ihnen zwei Mitglieder des Stadtrats Landau.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz (Landeszentralstelle für die Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus) führt seit 7. Juni 2020 das Ermittlungsverfahren.
Nun gibt es einen Verdächtigen – und zwar ein Mann aus den (ehemals) eigenen Reihen. Die vom Polizeipräsidium Rheinpfalz geführten Ermittlungen haben zu einem früheren Mitglied der Partei DIE LINKE aus Kandel geführt. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz am Dienstag mit.
Der 63 Jahre alte Beschuldigte hat nach einer Durchsuchung seines Hauses in Kandel am Abend zuvor eingeräumt, das Schreiben verfasst und mit den vier Patronen, die er noch aus seiner Zeit als Sportschütze in Besitz gehabt habe, in den Briefkasten des Linke-Schatzmeisters eingeworfen zu haben.
Als Motiv gab er an, dass die Partei aufgrund der zu erwartenden Berichterstattung wieder mehr in den Blick der Öffentlichkeit gerückt werden könne. Auslöser sei die Berichterstattung über eine Demonstration in Stuttgart gewesen, bei der es zu Sachbeschädigungen gekommen sei und tags darauf zwei Mitglieder einer Gewerkschaft schwer verletzt worden seien. Eine tatsächliche Umsetzung der Bedrohung habe er nicht beabsichtigt.
Wie die Polizei dem mutmaßlichen Patronen-Briefe-Schreiber auf die Schliche gekommen war, wurde nicht mitgeteilt.
Stadtrat Stock und seine Partei waren nach Erhalt des Briefs von einem rechtsextremistischen Hintergrund ausgegangen. „Dass dieses Drohschreiben uns heute erreichte, wird dabei sicherlich kein Zufall gewesen sein“, schrieb Stock damals in einer Pressemeldung. „Denn am heutigen Tage haben sich Rechtsextreme und Neonazis in Worms zum Tag der deutschen Zukunft getroffen. Viel perfider: rechter Terror hat in Deutschland Hochkonjunktur. Denn diese Morddrohung erreicht uns ein Jahr nach dem Mordanschlag an Walter Lübcke, der nichts weiter tat als sich für eine humane Flüchtlingspolitik einzusetzen, dem antisemitischen Terror in Halle und dem rassistischen Anschlag in Hanau! Solche Taten werden möglich, wenn Parteien wie AfD, NPD, Dritter Weg und parteilose Strukturen wie die Identitäre Bewegung, PEGIDA et cetera, fleißig Hass schüren! Wir als Kreisverband und als Partei DIE LINKE stehen, nicht nur in Worms, nicht nur in Landau, sondern überall aktiv gegen rechts und eine solidarische Gesellschaft! Kein Fußbreit dem Faschismus“, hieß es. Auch Vertreter anderer Parteien hatten die Drohung in der rechten Szene vermutet. (red/cli)
Hintergrund zum Verfahren
Das Ministerium der Justiz hat mit Rundschreiben vom 20.10.2017 die Landeszentralstelle zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus Rheinland-Pfalz bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz gegründet. Sie ist als Landeszentralstelle originär zuständig für die Bearbeitung der Verfahren, die von dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof nach § 142a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an sie abgegeben werden. Insoweit ist sie auch für die Bearbeitung von Verfahren aus dem Saarland zuständig. Sie ist ferner sachlich zuständig für die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung, besonderer Schwierigkeit oder besonderem Umfang aus den Bereichen des Terrorismus und Extremismus und kann Verfahren, die diese Kriterien erfüllen, jederzeit übernehmen.