
Klaus Böhm in seinem Arbeitszimmer in Kandel.
Fotos: Pfalz-Express
Kandel – Ein SPD-Urgestein der Kommunalpolitik geht in den Ruhestand: Klaus Böhm aus Kandel will für keine neuen Ämter mehr kandidieren.
Bei den Wahlen zum Vorsitz der Kandeler AG 60plus ist er schon nicht mehr angetreten, seine Nachfolgerin ist Doris Fuchs. Im Januar 2019 folgt die Neuwahl des SPD-Kreisvorstands – auch da wird Böhm nicht mehr dabei sein.
So will er nach und nach seine vielen Ämter aufgeben, beispielsweise im SPD Unterbezirk, bei der AG 60plus im Landesvorstand bis hin zu den Kommunalwahlen 2019, wo er auch nicht mehr für den Kandeler Verbandsgemeinderat kandidieren will.
Der 72-Jährige will „raus aus dem Termindruck“ und lieber das Leben genießen mit seiner Lebensgefährtin Helga, seinen Kindern und Enkeln. Eins allerdings steht für ihn fest: „Ich bleibe Sozialdemokrat bis an mein Lebensende.“
Streitbarer Geist
Auf der politischen Bühne wird er fehlen: Ein streitbarer Geist, einer, der stets den Mund aufgemacht hat, auch wenn es unbequem war. Und einer, der zahllose konstruktive Vorschläge in die kommunale Politik eingebracht hat, gut durchdacht mit messerscharfem Verstand – und manchmal mit spitzer Zunge, ganz so, wie sein geliebter Freitagsstammtisch im „Hotel zur Pfalz“ heißt, an dem er seit langen Jahren regelmäßig teilnimmt.
Die Politik liegt in der Familie – schon als 14-Jähriger hat er SPD-Wahlplakate aufgestellt und Flyer kuvertiert für seinen Oscar Vater, der 34 Jahre Kandeler Bürgermeister war. In seinem langen politischen Leben hat er – wie sollte es auch anders sein – Höhen und Tiefen durchlebt. „Man lernt damit umzugehen“, sagte er. „Man muss immer wieder aufstehen und weitermachen und kämpfen. Oft ist es die Zeit, die einem recht gibt.“
Jahrzehntelanges Engagement
Auf kommunalpolitischer Ebene war Böhm jahrzehntelang in der Stadt und Verbandsgemeinde Kandel aktiv. So war er von 1974 bis 1989 SPD-Ortsvereinsvorsitzender, Stadtratsmitglied von 1974 bis 1989, die letzten zehn Jahre davon als SPD-Fraktionsvorsitzender.
Dem Verbandsgemeinderat gehörte er von 1984 bis 1989 und dann wieder ab 2014 an.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Referatsleiter bei der ÖTV-Hauptverwaltung in Stuttgart und bei der VERDI-Bundesverwaltung in Berlin übte Böhm viele ehrenamtliche Aufgaben aus. So war er unter anderem von 1986 bis 1992 ehrenamtlicher Richter beim Sozialgericht in Speyer und von 1985 bis 1992 Schöffe bei der Strafkammer und beim Amtsgericht in Landau.
Naturfreunde, Arbeiterwohlfahrt oder die EuropaUnion sind nur einige Organisationen, bei denen sich Böhm ebenfalls engagierte. Nach der Wende wirkte Klaus Böhm beim Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen in Chemnitz drei Jahre lang maßgeblich mit. Für sein Engagement hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, wie die Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz, die Willy-Brandt-Medaille oder – ganz aktuell – die Ehrennadel der SPD Rheinland-Pfalz.
Noch immer Visionen für Kandel
Für die Verbandsgemeinde Kandel treibt ihn noch immer die Vision eines Bürgerbusses um, damit gerade ältere Menschen mobiler sein können. Auch neue Wohnformen sollten konkreter angegangen werden, meint Böhm: „Es müssten Gelände dafür ausgewiesen und Investoren gesucht werden.“
Auch mehr Parkhäuser in Kandel, die Ausweisung von Gewerbeflächen und eine aktive Wirtschaftförderung sind nach Böhms Ansicht nach wie vor Themen, die auf den Tisch gehörten. „Die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft in der Verbandsgemeinde oder der Stadt wäre wichtig – mehr sozialer Wohnungsbau.“ Er hofft, dass dieser Punkt in das Wahlprogramm der SPD aufgenommen wird. Das alles beschäftige ihn noch immer.
Verwaltungsakte dauern dem zupackenden Böhm oft zu lange. „Mein Vater fuhr oft mit dem Rad durch die Gemeinde. Wenn er etwas gesehen hat, wo Verbesserungen nötig waren, schrieb er das auf einen Zettel und am nächsten Tag ging es in der Verwaltung seinen Gang, ohne große Verzögerungen.“
Hochs und Tiefs
Höhepunkte in seiner politischen Laufbahn waren natürlich hohe Wahlergebnisse seiner SPD und erfolgreich geschmiedete Koalitionen. „Damit hatten wir gute Gestaltungsmöglichkeiten.“
Einen absoluten Tiefpunkt habe es im Jahr 1972 gegeben, als die CDU versucht habe, durch Stimmenkauf die Wahl eines SPD-Bürgermeister zu verhindern. Folge war ein Untersuchungsausschuss des Landtags. „Dass so etwas in der Kommunalpolitik in Kandel passierte, war wirklich schlimm.“
„Seele baumeln lassen“
Politische Querelen liegen nun bald hinter ihm. In seiner frei werdenden Zeit will Böhm den Tag gemütlich angehen – mit Nachrichtenlektüre, einem Kännchen Kaffee im Café, wo er „die ein oder andere Neuigkeit“ erfährt und mit Bekannten plaudert. Reisen und wandern mit der Familie, die Seele baumeln lassen – das steht jetzt an. „Und ich hoffe, dass ich das noch eine Weile bei guter Gesundheit tun kann.“
Politische Veranstaltungen will er aber weiterhin besuchen und „den Mund aufmachen, wenn es nötig ist.“ Er bleibe nun mal ein kritischer Geist und streitbarer Mensch in der SPD. (cli)